Gute Gründe für die Energiewende
80 Prozent des weltweiten Energiesystems basieren auf Erdöl, Erdgas oder Kohle. Was der Menschheit einst den technischen Fortschritt brachte, hat mittlerweile das Klima massiv verändert und bedroht dadurch unsere Umwelt und Lebensgrundlage.
Klima braucht Schutz
Der im Wesentlichen durch die Verbrennung von fossilen Energien bedingte Klimawandel ist nach Ansicht vieler Wissenschaftler neben einem Krieg mit Kernwaffen die größte Bedrohung für die Menschheit. Die fossilen Energieträger Erdöl, Erdgas und Kohle sind im Lauf von Jahrmillionen aus pflanzlichen und tierischen Überresten entstanden. Bei ihrer Verbrennung gelangt das für den Klimawandel hauptverantwortliche Treibhausgas Kohlendioxid in die Atmosphäre. Treibhausgase sorgen dafür, dass von der Erdoberfläche ausgehende Wärmestrahlen in der Atmosphäre absorbiert und wie in einem Treibhaus gefangen werden – dies führt zum Temperaturanstieg. Seit Beginn der Industrialisierung ist die atmosphärische Konzentration von Kohlendioxid von 280 ppm (CO2 Moleküle/1 Mio. Luftmoleküle) auf über 419 ppm gestiegen. Die Emissionen steigen ständig und erreichten 2023 einen neuen Rekordwert von 36,8 Milliarden Tonnen CO2. 2023 war weltweit das mit Abstand heißeste Jahr seit Messbeginn: Die Temperatur lag global um 1,48 °C höher als im Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900. In Österreich war 2023 zusammen mit 2018 das wärmste Jahr in der seit 1768 bestehenden Messgeschichte, die Abweichung zum Mittel der Periode 1961-1990 betrug 2,5 °C. Schon bei einer globalen Erwärmung von +3 °C sehen Klimawissenschaftler das Ende der menschlichen Zivilisation gekommen, da damit die inneren Tropen unbewohnbar würden und zwei bis drei Milliarden Menschen zur Migration gezwungen wären.
Schulstreik für's Klima: Weltweit fordern Millionen junger Menschen von der Politik nachdrücklich Maßnahmen gegen die Klimakrise ein.
Lebensgrundlagen bedroht
Konsequenzen des Klimawandels sind das Schmelzen der Eismassen in den Polargebieten sowie der Gletscher, der Anstieg des Meeresspiegels, Wirbelstürme, Überflutungen, Hitzewellen, Dürre, Waldbrände, Ernteausfälle und die Ausbreitung tropischer Krankheiten, wie Malaria oder Dengue-Fieber. Klimazonen können sich verschieben. In den Subtropen und angrenzenden Regionen wie am Mittelmeer gibt es deshalb immer häufiger Dürren und Wassernotstand. Diese Effekte werden sich künftig verstärken. Dazu kommen nicht abschätzbare wirtschaftliche und politische Folgen, wie Hungersnöte und Migrationsströme.
Die Alpengletscher schmelzen: Die Pasterze, der längste Gletscher Österreichs, hat aufgrund der Klimaerwärmung schon die Hälfte seiner Fläche verloren. Foto: Naturpuur / Wikimedia Commons, eigenes Werk
Chancen für 2-Grad-Ziel schwinden
Seit dem Jahr 1850 hat die Menschheit 2.590 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen. Um das 1,5-Grad-Ziel einhalten zu können, dürften nach Angaben des Global Carbon Projects 2023 weltweit nur noch etwa 275 Gigatonnen CO2 emittiert werden, für das 2-Grad-Ziel verbleibt noch ein Budget von 1.150 Gigatonnen CO2. Beim derzeitigen Ausstoß von jährlich rund 41 Gigatonnen CO2 ist das Budget für das 1,5-Grad-Ziel bereits in sieben Jahren aufgebraucht, danach müssten die Emissionen abrupt auf null sinken. Das CO2-Budget zum Einhalten des 2-Grad-Zieles wird in etwa 28 Jahren erschöpft sein. Im Jahr 2022 konnten in Österreich durch Einsatz von erneuerbaren Energiequellen ohne Großwasserkraft 21,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden – 13,2 Millionen Tonnen allein durch Biomasse und hier vor allem durch Wärme aus Holz.
Von 1950 bis 2022 ist der CO2 -Gehalt in der Atmosphäre durch Verbrennung fossiler Energieträger um über 100 ppm gestiegen, dies führte zum Anstieg der globalen Temperatur um mehr als 1 °C.
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Knappe Ressourcen - riskante Förderung
Die Ölvorkommen der Welt stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung. In Österreich reichen die heimischen Vorräte für Erdöl und Erdgas bei derzeitiger Nutzung nur noch für etwa zehn Jahre. Der Hunger nach fossilen Ressourcen führt zu immer riskanteren Methoden ihrer Gewinnung. Beim Abbau von Ölsand-Vorkommen entstehen riesige Kraterlandschaften. Das dabei gewonnene Rohöl und Bitumen macht nur ein Fünftel der Fördermenge aus. Der Rest ist Sand, Ton und verschmutztes Wasser. Die in den USA praktizierten Schieferöl- und Schiefergasbohrungen (Fracking) gefährden das Trinkwasser und ziehen ein Netz aus Straßen und Bohrplätzen durch die Landschaft. Die starke Nachfrage nach für Transportzwecke verflüssigtem Erdgas (LNG) aus Europa als Folge der reduzierten russischen Lieferungen treibt den Schiefergasboom in den USA an. Laut einer Studie von Robert Howarth, einem Methanexperten an der Cornell University, könnte allein der Boom der Fracking-Schiefergasproduktion in Nordamerika für mehr als die Hälfte aller gestiegenen Klimagasemissionen weltweit verantwortlich sein, die in den letzten zehn Jahren durch fossile Energien freigesetzt wurden.
Der Ölpreis verzeichnet eine rasante Berg- und Talfahrt; der russische Angriffskrieg in der Ukraine sorgte 2022 für einen extremen Anstieg der Rohlölpreise auf fast 130 US-$ pro Barrel.
Abschied von der Atomenergie
Die Energiewende bedeutet auch den Ausstieg aus der Atomenergie. Bei der Erzeugung von Atomenergie entsteht zwar kein CO2, wohl aber bei Bau, Wartung oder Rückbau der Atomkraftwerke und beim Uranabbau. Für eine sichere Entsorgung der hochradioaktiven Abfälle gibt es weltweit keine Lösung. Die Verantwortung für den strahlenden Müll wird künftigen Generationen überlassen. Unberechenbar sind auch die Risiken von Reaktorkatastrophen wie jener in Fukushima oder Tschernobyl, wo eine Zone von 30 Kilometern um das Kraftwerk auf hunderte Jahre hinaus unbewohnbar geworden ist. Für die hochgradig radioaktive Masse aus den geschmolzenen Kernbrennstoffen der beiden havarierten Atomkraftwerke gibt es nach wie vor keine Lösung. Weltweit existiert keine Technologie, die Kernschmelze zu bergen. Im Lauf des russischen Angriffkrieges auf die Ukraine wurde das Atomkraftwerk Saporischschja, mit sechs Reaktoren das größte Kernkraftwerk Europas, wiederholt beschossen. Getroffen wurde unter anderem ein Gebäude, in dem frische Brennstäbe aufbewahrt werden. Im Fall einer nuklearen Katastrophe könnte das Land im Umkreis von einigen 100 Kilometern um Saporischschja unbewohnbar werden.
Die hohen Kosten der militärischen Sicherung von Erdöl- oder Erdgasvorkommen (hier Flugzeugträger USS Dwight D. Eisenhower mit deutscher Fregatte Hamburg) spiegeln sich nicht in den Energiepreisen wider.
Importe reduzieren
Die Ölimportkosten sind der große Preistreiber der europäischen Wirtschaft. Fast zwei Drittel aller Militärmissionen der hochgradig von fossilen Energieimporten aus politisch instabilen Regionen abhängigen Europäischen Union sollen die Produktion und den Transport von Erdöl und Erdgas nach Europa sicherstellen. Italien, Spanien und Deutschland investierten seit 2018 mehr als 4 Milliarden € in den militärischen Schutz fossiler Brennstoffe. Der Anstieg der Öl -und Gaspreise hat auch für die österreichische Volkswirtschaft schwerwiegende Folgen. Österreich importierte 2022 etwa 77 % seines Energiebedarfs – überwiegend in Form von Erdöl, Erdgas und Kohle. Aufgrund stark gestiegener Energiepreise verdoppelte sich Österreichs Energie-Außenhandelsdefizit 2022 gegenüber dem Vorjahr auf eine Rekordsumme von 19,5 Milliarden €. Für Erdöl flossen fast 10 Milliarden € aus Österreich großteils an politisch instabile Kriegs- und Krisenstaaten ab, denn Kasachstan, Libyen, der Irak und Algerien sind Österreichs wichtigste Rohöllieferanten, 86 Prozent der Rohölimporte entfallen auf diese vier Staaten. Die 8,2 Milliarden € für die hohen Erdgasimporte zum Auffüllen der Gasspeicher kamen in erster Linie Russland zugute. Erneuerbare Energien werden netto zur Gänze im Inland gewonnen, sodass durch ihren Einsatz die heimische Volkswirtschaft gestärkt wird.
Das österreichische Außenhandelsdefizit für Erdöl, Erdgas, Kohle und Strom führt zu einer massiven Verschlechterung der Außenhandelsbilanz – 2022 flossen aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise fast 20 Milliarden € aus Österreich ins Ausland ab.